Schulchronik
für
die Gemeinde
WAHLENHEIM
Kreis Hagenau
Bezirk Unter Elsass
Angefangen den 1ten April 1893
(Auszug von 30.6.1902 bis 1.9.1906)
30.6.02 Mit dem 1. Juli 1902 trete ich in den Ruhestand.
30 Jahre lang, Tag für Tag, vom 30.06.72 bis
30.06.1902, war ich mit der Verwaltung der hiesigen
Lehrerstelle betraut, und während dieser lange Reihe
von Jahren....
1.7.02 Amtsantritt des Lehrers J. MULLER, bish. Klassenlehrer von
Düttlenheim.
9.7.02 ü
15.7.02 ý Hitzferien
16.7.02 ï
18.7.02 þ
1.8. - 7.8.02 Durch Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Ernteferien für die Zeit vom 1. bis 7. August festgesetzt.
8.9. - 4.10.02 Durch Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Herbstferien
für die Zeit vom 8.09 bis 4.10.02 festgesetzt.
25.10. - 4.11.02 Der Unterricht fiel aus, da der Schulofen ganz umbrauchbar
geworden. Da die Gemeinde mittellos ist, kann der Herr Burger=
meister bei der hohen Regierung um Unterstützung ein somahl
zur Neubeschaffung eines Schulofens als auch zur Anschaffung
von Ofenrohren für die Lehrerwohnung, verschiedener Reparaturen
in der Lehrerwohnung und Anschaffung von Lehrmitteln für
die Schule.
12.11.02 Am 12.11.Vormittags um 10 Uhr fand in der St. Nikolausschule
zu Hagenau eine amtliche Konferenz für die Lehrer des Kreises statt.
Der Herr Vorsitzende hielt eine Probelektion im Rechnen "der
Wechsel" ab. Daran schloß sich der Vortrag des Hauptlehrers BARTHEL
"Die Fortbildungsschule" an. Nach einigen amtlichen Mitteilungen
wurde die Konferenz um 1 Uhr geschlossen. Hierauf versammelten
sich die Teilnehmer zu einem gemeinschaftlichen Mittagsmahle im
Saale der Kleinkinderschule.
Der Lehrer MULLER
9. - 23.12.02 Während der Zeit vom 9. bis 23. Dezember 02 war der Lehrer MULLER
erkrankt. Während dieser Zeit wurde er von Herrn Lehrer FOESSER,
Hochstett, verstreten, welcher für seine Bemühungen 10 Mark ent=
schädigung erhielt.
Der Lehrer MULLER
21.3.03. Revision des Herrn Kreisschulinspektors DUCRET.
MULLER
8.4.03 Entlassungsprüfung. Es wurden 3 Schüler entlassen : 2 Knaben und
1 Mädchen
13.4.03 Beginn des neuen Schuljahres. Es werden 4 Knaben u. 3 Mädchen
aufgenommen
26.6. - 3.7.03 Auf Veranlassung des Ortschulvorstandes wurden die Heuferien
(6 Nachmittage) für die Zeit vom 26. Juni bis 3.Juli festgesetzt.
MULLER
24.6.03 Am 24.Juni Morgens um 9 Uhr fand im großen Saale der Aubette
die Generalversammlung der Lehrer des Unterelsaß statt.
MULLER
15.7.03 Am 15. Juli Vormittags um 9 Uhr fand in der St Nikolausschule
eine amtliche Konferenz für die Lehrer des Kreises statt. Eingeleitet
wurde die Selbe durch den Chor : " Forschen nach Gott". Den Hauptgegen=
der Tagesordnung
stand ò bildete die Alkoholfrage. Die Selbe wurde durch Herrn Hauptlehrer
KARL aus Haguenau an der Hand einer musterhaften Lehrprobe
sowie einer theoretischen Abhandlung (Lehrer WEYL : Runtzenheim)
beleuchtet. Nach einer Reihe amtlicher und halbamtlicher Mitteilungen
folgte auch eine erklärende Besprechung von 7 großen Wandbildern
aus der Kunstanstalt Leuter und Schmidewind in Dresden. Diese
Bilder illustrieren das Treiben und den Handel in unseren verschie=
denen Kolonien in Afrika und Asien. Die amtliche Konferenz
schloß gegen 2 Uhr mit dem Chor :" Nun lebt wohl, ihr Freunde".
Um 2 Uhr fand ein gemeinschaftliches Mittagessen in dem Klein=
kindersaal zu St Georg statt. Während des Mahles brachte Herr
Kreisschulinspektor DUCRET den Kaisertoast aus.
Der Lehrer MULLER
18.7.03 Schulbesuch des kaiserlichen Herrn Kreisschulinspektors DUCRET.
22.7.03 Am 22. Juli Vormittags um 10 Uhr fand im großen Saale der
Aubette (Strassburg) eine Hauptversammlung des Vereins
zur Förderung des Zeichenunterrichtes in Elsaß-Lothringen
statt.
29.7.03 Am Mittwoch den 29.Juli wurde für seine Heiligkeit
den Papst LEO XIII ein feierlicher Trauergottesdienst Morgens
um 8 Uhr abgehalten, an dem sich die ganze Gemeinde be=
teiligte.
7.8. - 13.8.03 Durch Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Ernteferien für
die Zeit vom 7. bis 13. August einschließlich festgesetzt.
29.8. - 2.9.03 Durch Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Grummetferien
(4 Nachmittage) für die Zeit vom 29. August bis 2. September einschl.
festges.
MULLER
4.9.03 Hitzferien
7.9. - 3.10.03 Durch Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Herbst=
ferien für die Zeit vom 7.9. -3.10.03 einschließlich festgesetzt.
MULLER
Am 19. und 20. Oktober dieses Jahres fand im hiesigen
Gemarkung die Weinlese statt. Die Selbe war quantitativ
sowie qualitativ eine Mittelernte. Die Reben waren
mit verschiedenen Krankheiten wie Äscher, Blattfallkrankheit
behaftet. Die Witterung war der Entwicklung der Reben
nicht günstig. Wenig warme Tage hatte der diesjährige
Sommer. Besonders war den Monat August hindurch viel Regenwetter.
Besser als der Wein gedeihen die Feldfrüchte : Getreide, Futter,
Kartoffeln, Rüben so daß der Landmann mit dem
Jahre 1903 zufrieden sein kann. Die Hopfenernte war
auch nur eine Mittelernte, der Preis hingegend ein
recht schöner. Es wurden 160, 170, 175 für den Zentner
Hopfen bezahlt.
Da der diesjährige Sommer nur wenig heiße Tage
aufzuweisen hatte, brauchte der Nachmittagsunterricht
wegen "Hitzferien", wie hieroben kurz erwähnt, nur
zweimal ausgesetzt werden.
Der Lehrer MULLER
21.10.03 Am 21. Oktober 1903 wurde im Sängerhause zu Strassburg
die 24. Versammlung des Unterelsässischen Lehrertages abge=
halten. Hauptgegenstand der Versammlung war der Vor=
trag des Mittelschullehrers MICHEL aus Strassburg über
die Fortbildungsschulen.
7.3.04 Am 7. März Nachmittags um 1 Uhr fand in der St Niko=
lausschule zu Haguenau eine amtliche Konferenz für die
Lehrer des Kantons statt. Der Vorsitz führte Herr Kreis=
schulinspektor WIMMER. Eingeleidet wurde die Selbe
durch zwei Knabenchöre : O, Du hochheiliges Kreuze,
Herr Hauptlehrer MARTINI hielt eine Lehrprobe, welche eine
Wiederholung der Belehrungen über das Invalidengesetzes war.
Herr Versicherungsinspektor BAYER von Strassburg gab durch
seinen Vortrag nützliche Belehrungen über das Versicherungsge=
setz besonders bezüglich der Neuerungen dieses Gesetzes.
Der Lehrer MULLER
30.3.04 Entlassungsprüfung. Es wurden 3 Schüler entlassen : 2 Knaben
und 1 Mädchen. Der Schüler Hieronymus FORNES trat am
11.4.04 aus hiesiger Schule aus, um die Brüderschule von
Matzenheim zu besuchen.
11.4.04 Beginn des neuen Schuljahres : es wurden 4 Kinder neu auf=
genommen : 2 Knaben und 2 Mädchen
Der Winter 1903/04.
Der verflossene Winter gehörte nicht gerade zu den käl=
testen Winterzeiten. Vor Weihnachten, am 19.Dezember 03
trat Frostwetter ein.Während der Weihnachtstage war
es trocken, nebelig. Diese Witterung dauerte den ganzen Januar
04 hindurch. Anfangs Februar bis ungefähr um die
Mitte des Monats wehte ein starker lauwarmer Sturm. Oft wechselten
alldann kaltes, trockenes Wetter (Frost) und Regen bis
März. Am ersten dieses Monats war die Erde mit einer handhohen
Schneedecke überzogen. Der Schnee hielt an bis zum 9.März.
Auch am 11.3. fiel wieder Schnee welcher jedoch gleich schmolz.
Am 31.März fiel starker Regen, der bis zum 9. April ein=
schließlich anhielt.
13.4.04 Schulbesuch des Herrn Kreisschulinspektors WIMMER.
18.4.04 Der Vormittagsunterricht fiel aus, da der Lehrer MULLER
an der Kontrolversammlung zu Keffendorf teilnehmen
mußte, welche daselbst vormittags um 8 Uhr begann.
25.4.04 Der Unterricht fiel aus, da in der Pfarrei das Fest der ewigen Anbe=
tung gefeiert wurde.
13.6 - 17.6.u. An sechs Nachmittagen fiel der Unterricht der Heuernte we=
20., 21.6.04 gen aus.
22.6.04 Der Unterricht fiel aus wegen Teilnahme an der Versamm=
lung der Unterstützunggenossenschaft und des Lehrer=
waisenstiftes.
18. - 23.7.04 Auf Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Ernte=
ferien für die Zeit vom 18. - 23.7. incl. festgesetzt.
27.7.04 Am Mittwoch, den 27.04 fand in der Aula der St Niko=
lausschule eine Kreiskonferenz statt. Den Vorsitz führte
Herr Schulinspektor WIMMER. Es war diese Kreiskon=
ferenz die Erste, die Herr Schulinspektor WIMMER in
seinem neuen Wirkungskreise abhielt. In beglei=
tung des Herrn Schulinspektor erschien der Herr
Kreisdirektor DITTMAR. Dieser begrüßte sämtliche Lehrer
und hieß Sie herzlich willkommen. In seiner Anrede
hob er besonders die unablässige Förderung der
Schule, sowie auch das persönliche Interesse für die Lehrer
seines Kreises und die tatkräftige Anteilnahme
an deren Wohl und Wehe hervor.
Herr Schulinspektor hielt dann einen Vortrag über
das Thema : "Wie erziehlt man eine schöne Sprache".
Am Schlusse des Vortrags gab dann Herr Schulinspektor 11
Leitsätze an, welche zeigen, auf welche Weise man die
Kinder zum schönen Sprechen erziehen kann.
Es folgte dann eine Lehrprobe, die Herr Kollege
SITTLER von Hagenau abhielt. An der Hand von "Wandrers
Nachtlied" von GOETHE zeigte Kollege SITTLER, daß die
Lyrik auch in der Volksschule mit Erfolg behandelt wer=
den kann.
In dem Saale der Kleinkinderschule fand ein gemein=
schaftliches Mittagessen statt. Es wurde eine Sammlung
des sogenannten Konferenznickels zu Gunsten des
Lehrerwaisenstifts vorgenommen, welche die Summe von 10,00 M er=
gab.
Frühjahr u. Sommer 1904.
Durch Regenwetter und Frost im Monat März waren die
Bauern in der Bestellung des Feldes sehr zurück. Nachdem es auch in
den ersten Tagen des Aprils beständig geregnet hatte (Osterwoche,) än=
derte sich das Wetter am 9.4. das warme Wetter hielt an. In der zweiten
Hälfte dieses Monats konnten erst Hafer und Gerst gesäet werden.
Am 15.4. zeigte das Thermometer 18°, am 16.4. 20° Wärme im Schatten.
Ende April standen die Obstbäume in wundervoller Blütenpracht.
Der Monat Mai war warm. Am 23.5. (Pfingstmontag) fiel star=
ker Regen. Auch der Juni war warm. Die Heuernte fand früher
statt als sonstigen Jahrgängen. Die Ernte fiel sehr gut aus.
Vom 15.6. fiel kein Regen mehr bis gegen Ende Juli. Eine
große Trockenheit machte sich geltend. Die Wiesen bekamen
bald ein rötliches Aussehen. Das Getreide reifte schnell heran.
Die Getreideernte, die befriedigend ausfiel, begann fast einen
Monat früher als in andern Jahren. Am 25. Juli brach ein
heftiger Sturm los. Viel Obst wurde von den Bäumen geschüttelt,
Hopfenstangen niedergerissen, auch drahtanlagen wurden
beschädigt. In den letzten Tagen des Monats Juli kam der
langersehnte Regen. Er war eine große Wohltat für die zu=
rückgebliebenen Feldfrüchte wie Kartoffeln, Runckelrüben
Die ausgederrten Wiesen bekamen wieder ein grünes Aussehen.
Wegen der Hitze im Sommerhalbjahr fiel
11 Nachmittage der Nachmittagsunterricht elfmal aus (Hitzferien).
Hitzferien Diese großeTrockenheit war auch dem Hopfen wenig
bekömmlich. Es wollten sich lange keine Fruchtansätze (Dolde)
bilden, so daß die Bauern jegliche Hoffnung auf eine Ernte
aufgaben. Der Ende August fallende Regen frischte die Hopfen=
pflanze wieder auf. Die Dolden konnten sich jetzt noch ent=
wickeln. Während man in sonstigen Jahren nie vor Maria
Geburt mit dem Hopfenpflücke begann, so wurde dieses Jahr
schon in der Woche vom 29.8. Hopfen geerntet. Die Ernte war
eine Mittelernte. Die Preise schwankten anfangs zwischen 120 M
bis 140, 150 M. Die letzten Verkäufer erzielten 160 M.
29.8. - 14.09.04 Auf Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Herbstferien
auf die Zeit vom 29.8. - 24.9. einschließlich festgesetzt. Da aber
sich die Kartoffelernte nicht unmittelbar an die Hopfenernte
anschloß - die Kartoffeln waren noch in vollem Wachtstum - so
wurde am 16.9. der Unterricht wieder aufgenommen und
dauerte bis zum 19. d. Mts. einschließlich. Vom folgenden Tage
20.9. - 24.9.04 an war hier Weinlese. Der Unterricht fiel vom 20.9. - 24.9. ein=
schließlich aus. Er begann wieder am 26.9.. Die letzte Woche
der Ferien wurde für die Kartoffelernte aufbewahrt.
10.10. - 15.10.04 Ferien für die Kartoffelernte.
Einquartierung in Wahlenheim
Während des Monats September hatte unser Dorf mehrmals
Einquartierung. Am 7.9. wurde 22 Mann Jäger zu
Pferde einquartiert. Sie wurden am folgende Tage durch
eine Komp. des Inf. Rgts. Nr. 99 ersetzt.Vom 13. - 15. ein=
schließlich hatte eine Komp. Pioniere und eine Komp.
des Inf. Rgts. Nr. 99 ihr quartier in hiesigem Orte. Am 20.
war Notquartier, mehrere Komp. des Inf. Rgts. Nr 136 bezo=
gen am Abend in unmittelbarer Nähe des Dorfes in der Rich=
tung nach Hochstett (Gewann Roßbruch) das Biwak.
Dasselbe lockte die Einwohner Wahlenheims sowie vieler
Fremde herbei. Die Musik des Regiments spielte über eine
Stunde lang. Um 9 Uhr war Zapfenstreich und Gebet. Am 21.
fanden die Einquartierungen ihren Abschluß. Ein halbe Komp.
des Inf. Rgts. Nr 143 war an diesem Tage hier einquartiert.
16.9.04 Am 16.9. verunglückte in hiesiger Gemeinde der Hopfen=
pflücker Peter METZ von Zittersheim. Der Unfall ereignete
sich auf folgende Weise. P.METZ hatte sein Schlafgelaß in
einer Kammer auf dem Heuschober des Gehöftes von
Anton KEHREN. Morgens um 4 Uhr stand er auf und wollte ein
Bedürfnis befriedigen. Der OberKnecht, der in derselben Kammer schlief,
machte den Verunglückten auf die Gefahr aufmerksam zu dieser Stun=
de ohne Licht auszutreten. Er zündete ihm eine Stalllaterne an und
gab sie P. M. mit. Dieser trat damit auf den Heuschober und stellte
sich in eine Türähnliche Öffnung, durch welche Heu verlanden
wird. Wahrscheinlich verlohr er das Gleichgewicht, denn er stürzte in
den Hof hinab. Zu derselben Zeit wurden in demselben Gehöfte einquar=
regungslos
tierte Soldaten geweckt. Ein Trainsoldat fand den Verunglückten ò auf dem
Boden liegen. Es wurde schleunigst ein Sanitätssergeant herbei geru=
fen, der den Verunglückten ins Bett brachte und ihm einen Notver-=
band anlegte. Bald darauf verstarb er. Der Arzt von Mommenheim,
Herr FRÖNDLE, der bald nachher erschien stellte den Tod fest.
Eine gerichtliche Leichenschau fand nicht statt. Am 17.9. Morgens
um 9 Uhr wurde P.M., der Protestant war, auf dem hiesigen
Kirchhofe auf dem Teile für nicht Katholische beerdigt.
19.10.04 Am 19.10. um 1 Uhr fand unter dem Vorsitze der Kaiserl.
Kreisschulinspektors Herrn WIMMER in der Knabenschule
von Gumbrechtshoffen - N. eine amtliche Konferenz statt.
Zu Derselben waren 27 Lehrer erschienen, meist solche, die an
einklassigen Schulen wirken. Der Gegenstand der Konferenz
waren eine Rechenstunde in der einklassigen Schule und die stille
Beschäftigung in derselben. Die Rechenstunde erteilte Herr
Kollege SIMON von Gumbrechtshoffen - N. daran schloß sich ein
Vortrag des Herrn Schulinspektors über die stille Beschäftigung
in der einklassigen Volksschule. Herr Schulinspektor gab seinen
Lehrern recht prachtische Winke zur Handhabung der stillen Be=
schäftigung, damit dieselbe fruchtbringend sei. Er faßte
dieselben in 6 Punkte zusammen (normale Stufen : Zielangabe, An=
wendung). Herr Schulinspektor machte auf die Benutzung der Schul=
inspektionsbibliothek aufmerksam. Schluß der Konferenz : 4 Uhr.
26.10.04 Am 26.Oktober 1904 wurde zu Strassburg die 25. Ver=
sammlung des Unterelsässischen Lehrertages abgehalten. Hauptge=
genstand war der Vortrag des Herrn Hauptlehrers WEBER - Strassburg
"Kunst und Schule". Die Versammlung leitete Herr Zeichenlehrer
SCHMIDT von Strassburg, der 2. Vorsitzende des Vereins, da der 1.
vorsitzende Hauptlehrer STIEGLER - Hagenau, schon seit längerer
Zeit erkrankt ist.
31.10.04 Revision des Herrn Schulinspektors WIMMER.
Das Spätjahr 1904
Die erste Ernte des Spätjahres war die Weinlese. Sie fand
schon am 20. September statt. Es war eine Mittelernte. Die
Qualität des Weines ist gut. An die Weinlese schloß sich
die Grummeternte, da das Gras sich in Folge des Regens
Ende August noch ziemlich entwickeln konnte. Diese
Ernte war eine halbe Ernte. Die Grummetferien wur=
den als 2 ganze Tage gegeben und schlossen sich an die
Herbstferien an. Erst in der Woche vom 3.10. fing man
an, Kartoffeln auszuhacken. Der Ertrag war befriedigend.
Im Monat September war es ziemlich regnerisch.
Der Oktober war mild. Dieser Witterung ist es daher
zu verdanken, daß die Bauern eine schöne Ernte in Runckel=
und Weißrüben hatten. Die Bauern Wahlenheims können
mit dem Jahre 1904 wohl zufrieden sein.
16.12.04 Auf Anordnung der Kaiserlichen Kreisdirektion fand
am 16.12.04 die Umbettung der Leiche des Peter METZ
von Zittersheim statt (Seite 18, r. 16.9.04). Irrtümlicher
Weise wurde die Leiche am 16.9.04 auf unserem Kirch=
hofe in der Selbstmörderabteilung bestattet. Am 16.12.
erschienen um 3 Uhr Nachmittags der evangel. Geistliche
von Zittersheim in Begleitung von ungefähr fünfzehn
Angehörigen bezw. Anverwandten und Bekannten des
Peter METZ und nahm das kirchliche Begräbnis vor.
Peter METZ wurde nun auf der wirklichen, richtig=
tigen Abteilung für Andersgläubige begraben. Dieses Er=
eignis lockte eine große Zahl Zuschauer Wahlenheims herbei.
Der Winter 1904/05.
Der Winter 1904/05 war nicht gerade streng. Im Dezember fiel etwas
Schnee, der nur wenige Tage liegen blieb. Über Weihnachten war es
kalt und trocken. Der Januar brachte abermals Schnee. Das Thermometer
zeigte morgens bis -11°C. Der Februar (mehrmals leichten Schneefall)
sowie der März waren nicht kalt.
11.4.05 Unter dem Vorsitze des Herrn Kreisschulinspektors WIMMER fand heute
um 8¼ Uhr eine amtliche Konferenz für sämtliche Lehrer des Kreises statt.
Hauptgegenstand der Konferenz war der Zeichenunterricht nach den
neueren Bestrebungen. Herr Kollege KÖRNER hielt eine Lehrprobe
im Zeichnen. Dieselbe gliederte sich in folgende Punkte : 1. Zeich=
nen eines Gegenstandes aus dem Gedächtnis, 2. Skizzieren
einer Pflanze und 3. Ausführen einer Zeichnung mit Farbe.
Mit der Konferenz war eine Ausstellung von Schüler Zeichnun=
gen verbunden. Aus allen Schulen des Kreises waren Zeichnungen
ausgestellt. Der Konferenz wohnte auch Herr Kreisdirektor
DITTMAR bei. In seiner Ansprache wies er auf die große Be=
deutung des Unterrichtes im Zeichnen hin.
An die Lehrprobe schloß sich die Besprechung der Frage : Wie hat
sich der Zeichenunterricht auf Grund der neuen Bestrebungen zu
gestalten ? Herr Kollege HEINEMANN hatte diese Aufgabe über=
nommen. Sie hatte folgende Gesichtspunkte :
1. Zweck des Zeichnenunterrichts,
2. Zeichnen nach der Natur,
3. Klassenziele,
4. Stoffe für die verschiedenen Stufen,
5. Womit und worauf wird gezeichnet ?
6. Klassen=, Gruppen= oder Einzelunterricht ?
7. Vorübungen,
8. Gedächtniszeichnen,
9. Aufstellen und besprechen des Gegenstandes,
10. Entwerfen der Zeichnung,
11. Ausführung mit Farbe,
12. Verbesserungen,
13. Gang einer Unterrichtsstunde,
14. Aufbewahrung der fertigen Zeichnungen.
Diese Besprechung war kein zusammenhängender Vortrag.
Die wichtigsten Forderungen wurden im Anschlusse an die vor=
stehenden Punkte besprochen, d. h. an jeden einzelnen Punkt
Knüpfte sich der Meinungsaustausch der Anwesenden an.
Die Konferenz fand gegen ½ 2 Uhr ihren Abschluß.
Ein gemeinschaftliches Mittagessen vereinigte die Lehrer im Saale
der Kleinkinderschule St. Georg.
Bei Gelegenheit dieser Konferenz kam auch die Prämie für
angefertigte Nistkästchen zur Auszahlung, welche demjenigen
Lehrer zukommen sollte, der zuerst nachweisen konnte, daß
seine Schüler 100 Nistkästchen angefertigt hatten. Diese Prä=
mie von 10 M fiel Herrn Kollege WILHELM zu.
19.4.05 Entlassungsprüfung : Es wurden 3 Mädchen und 1 Knabe ent=
lassen. Unter denselben war auch die Schülerin KAPFER Josefine, die
erst am 20. Oktober d. Js. das 13.Lebenjahr vollendet. Da sie
das älteste von 8 Geschwister ist und Ihre Eltern sehr arm sind,
so wurde sie mit Rücksicht hierauf aus der Schule entlassen,
damit sie Ihre Eltern unterstützen könne.
1.5.05 Beginn des neuen Schuljahres : Es wurden 7 Kinder aufge=
nommen : 5 Mädchen und 1 Knabe. Die Schulpflichtige
FORNES Lucia, geb. 1.4.99, tritt in die Schule von Batzendorf
ein.
1.5. bis 3.5.05 Vom 1. bis 3. Mai einschließlich fiel der Unterricht wegen
Erkrankung des Lehrers MULLER aus.
9.5.05 Am Dienstag, den 9. Mai 1905 fand um 8 Uhr Vormittags
eine Schillerfeier in der Schule statt. Diese Feier war eine
Erinnerung an den 100. Todestag des berühmten deutschen
Dichters. Sie bestand in einer Ansprache des Lehrers an die Kinder,
in welcher des Dichters Leben geschildert wurde. Daran schloß sich
das Lied : Deutschland über alles. Ein Gebet schloß die Feier.
19.5.05 Heute wurden für die hiesige Schule neue Schulbänke beschafft,
ebenso eine Wandtafel (Schiefer) mit Gestell und ein Schulschrank.
Die Schulbänke, 23 Stück mit je 2 Sitzen, sind System RETTIG aus
den vereinigten Schulbankfabriken Stuttgart - München -
Tauberbischofsheim. Dieselben kosten 532,50 M. franko Bahn=
Station Brumath. Der Schulschrank kostet 48,00 M., die Wandtafel
mit Gestell 34,00 M., zusammen 614,50 M., woran die hohe Re=
gierung 600 M. deckt.
20.6. - 27.6.05 An sechs Nachmittagen fiel der Unterricht der Heuernte wegen aus.
21. - 29.7.05 Auf Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Ernteferien
für die Zeit vom 21 - 29.7. incl. festgesetzt.
18. u. 19.8.05 An beiden Tagen fiel der Unterricht wegen Teilnahme des
Lehrers MULLER am internat. kirchenmusik Kongreß in
Strassburg aus.
21. - 23.8.05 An den 3 Tagen fiel der Unterricht aus, da Lehrer MULLER
an den Versammlungen des 52. deutschen Katholikentages
teilnahm. Hierzu ward Ihm von der Kaiserl. Kreisdirek=
tion Urlaub erteilt.
Auf Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Herbst=
ferien für die Zeit vom 4.9. - 8.10.05 einschließlich fest=
gesetzt.
27.8.05 In der Nacht vom 26. zum 27. d. Ms. wurde dem Herrn Bür=
germeister ein vor dem Dorfe am Feldwege, der nach
der Brumather Straße führt, sitzender Fruchthaufen von etwa
3000 Garben angezündet. Von dem Täter fehlt jede Spur Nach=
forschungen sind eingeleitet. Der Schaden ist durch Ver=
sicherung gedeckt.
Frühjahr und Sommer 1905
Die Witterung im Frühjahr war der Entwickelung der Feld=
früchte sehr günstig. Ende Mai hatte unser Feld ein sehr
schönes aussehen. Besonders waren die Reben im Wachs=
tum weit voran.
Am Pfingstsamstag, 10.6.05, Abends um 7½ Uhr ging
in unserer Gegend ein starkes Gewitter nieder. Dasselbe
war von Hagelschlag begleitet. Die Hagelkörner hatten
die Größe eines Taubeneies. Der Sturm kam in der Richtung
von Rottelsheim her. Es zog sich an der Nordostseite
unseres Dorfes hin. Den größten Schaden erlitt der Hopfen.
Auch viel Obst, namentlich Kirschen, wurden von den Bäu=
men geschlagen. Das Unwetter zog in der Richtung nach
Hochstett und Wittersheim weiter, wo der angerich=
tete Schaden sehr bedeutend war.
Der Monat Juni war warm. Die Heuernte fiel gut
aus. Der Ertrag war reichlich.
Am 4.7.05 Abends um 8½ Uhr brach in unserer Gegend
von Westen her ein heftiger Sturm los. Er war von
starkem Regen begleitet. Der Orkan hielt ungefähr eine hal=
be Stunde an. Viel Obst wurde von den Bäumen geschüt=
telt. Obstbäume wurden entwurzelt oder gebrochen.
Groß war auch der Schaden im Hopfenfelde. Die meisten
Stangen lagen um. Sogar an den Drahtanlagen war
der Schaden bedeutend. Der Sturm war so heftig, daß
ein Aufhalten im Freien ein Ding der Unmöglichkeit
war.
Die Sommermonate Juli und August, waren recht heiß.
Regen fiel während dieser Zeit sehr wenig. Wegen
dieser großen Hitze fiel der Nachmittagsunterricht sechs=
6 Nachmittage mal aus. Die Sommerhitze brachte das Getreide schnell
Hitzferien zur Reife. Die Getreideernte fand in der zweiten Hälfte
des Monats Juli statt. Die Leute hier behaupten, der
große Sturm vom 4.7.05 bewirkte diese Schnellreife.
Der Ertrag blieb weit hinter dem des Vorjahres zu=
rück. Die Fruchtkörner, besonders beim Weizen, blieben
sehr klein.
Die Reben, welche gerade dieses Jahr eine reiche Ernte verspra=
chen, wurden von der Blattfallkrankheit befallen.
Andere Feldfrüchte, wie Kartoffeln und Hopfen, entwickelten
sich vortrefflich. Die Hopfenernte fiel reichlich aus. Sie begann
in der Woche vom 3.9.05..Die Preise blieben gleich von Anfang
an niedrig. Sie schwankten zwischen 35 - 50 M pro Zentner.
Die diesjährige Obsternte war befriedigend. Stein=
obst, besonders Kirschen und Quetschen, gab es reichlich, Kern=
obst weniger. Die Nußbäume waren auch schön behangen.
Der Ertrag des Grummets war gering.
Die Ernte fiel dieses Jahr in die Herbstferien.
18.10.05 Am Mittwoch, den 18.10.05 wurde im Sängerhause zu Strassburg.
der 26. unterelsässische Lehrertag abgehalten.
30.10.05 Revision des Herrn Schulinspektors WIMMER.
Das Spätjahr 1905.
Die beide Haupternten im Spätjahr, die Kartoffelernte und
die Weinlese, waren für die hiesigen Bauern befriedi=
gend. Die Weinlese blieb hinter der Vorjährigen bezüg=
lich Qualität und Quantität zurück. Dies hat seine Ur=
sache darin, daß im Laufe des Sommers die Reben von der
Blattfallkrankeit befallen wurden. Das Laub war gelb,
auch braun verbrannt ; die Beren trockneten ein. Trotz
Bespritzen und Schwefeln der Rebstöcke konnte man der Krank=
heit nur wenig oder keinen Einhalt tun.
Im Monat Oktober herrschte meistens regnerisches, kaltes=
Wetter, auch noch im November. Das ganze Spätjahr
war überhaupt naß und kalt.
1.12.05 Volkszählung 1905.
Am Nachmittag des 1. und am 2. dezember 1905
fand die Volkszählung statt. Das ganze Dorf bildete
nur 1 Zahlbezirk. Als Zähler war der Lehrergemeinde=
schreiber MULLER tätig. Die Volkszählung ergab 47 be=
wohnte Häuser mit 53 gewöhnlichen Haushaltungen. Die
ortsanwesende Bevölkerung betrug 274 katholische Ein=
wohner, davon waren 2 vorübergehend abwesend. Dem
Geschlechte nach waren es 136 männliche und 138 weibliche
Personen.
1.1.06 Summarische Nachweisung über Bewegung der Bevölkerung
Wahlenheims im Jahre 1905. (Standesregister)
Nach Abschluß der Standesregister von 1905 wiesen diesel=
ben 10 Geburten, 3 Sterbefälle, keine Eheschließungen
nach.
27.02.06 Am Tage der silbernen Hochzeit seiner Majestät des Kai=
sers und Ihrer Majestät die Kaiserin fiel der Unterricht
aus. Es wurde morgens um 8 Uhr eine kleine Schul=
feier den Kindern die Bedeutung dieses Tages den
Kindern nahe gelegt. Zunächst wurde ein Gebet für
die Majestäten verrichtet. Daran schloß sich die Fest=
rede des Lehrers, welche in ein Hoch auf die Majestäten
ausklang. Nachdem die beiden Lieder : Deutschland über
alles sowie Heil dir im Siegerkranz gesungen
worden, fand die Feier ihren Abschluß.
12.3.06 Unter dem Vorsitze des Herrn Kreisschulinspektors
WIMMER fand heute um 8 Uhr eine amtliche Konferenz
für sämtliche Lehrer des Kreises statt. Dieselbe wurde im
Saale der israelitischen Schule abgehalten. Herr Schulinspek=
tor W. hielt eine Lehrprobe in Geschichte ab. Im Anschluß
an die in unseren Schulen bekannte "Fundtafel" wurde die
Aufgabe behandelt : die Ureinwohner des Elsaß bpw. die älter=
und jüngere Steinzeit. Sie gliederte sich in folgende Ab=
schnitte.
1. Klima, 2. Pflanzen, 3. Tiere, 4. Wohnungen der Ureinwohner,
5. Nahrung, 6. Gerät, 7. Schmuck, 8. Töpfe, 9. Gräber.
An die Konferenz schloß sich eine Gesangprobe betr. Konzert der Lehrer
des Kreises Hagenau.
Von einem gemeinschaflichen Essen wurde Abstand genommen.
Der Winter 1905/06.
Der Winter war bis Weihnachten nicht streng. Es gab bis dahin
sogar milde Tage. Ausgangs Januar hatten wir leichten Schnee=
fall, ebenso im Monate Februar. Der Schnee hielt nie lange
an. Im Februar fiel auch ziemlich Regen. Die ersten Tage im März
waren schon recht warm. Gegen Ende des Monats stellte sich
wieder kaltes rauhes Wetter ein. Doch ist der Winter 1905/06
nicht gerade streng gewesen.
11.4.06 Entlassungsprüfung. Es wurden 4 Knaben und 3 Mädchen
entlassen.
24.4.06 Beginn des Schuljahres 1906/07. Es wurden 14 Kinder
aufgenommen : 7 Knaben und 7 Mädchen.
10.5.06 In letzter Nacht verstarb Herr Bürgermeister KEHREN
im Bürgerspital zu Strassburg. Er mußte sich am Kar=
samstag daselbst einer Operation unterziehen infolge
eines unfalles. Als Herr KEHREN am 23.3.06 während des
Schneegestöbers vom Musterungsgeschäft in Hagenau
nach Hause fuhr, kam er kurz vor unseren Dorfe mit sei=
ner Fuhre vom Wege ab und fuhr einen Rain hinauf.
Der Wagen kippte um und Herr KEHREN zog sich schwere inner=
liche Verletzungen zu. Die Beteiligung am Leichenbegäng=
nis war sehr groß. Unter dem Trauergefolge befanden
sich Kreisdirektor DITTMAR und Polizeikommissar
PAGE von Hagenau, der Direktor LOYAUX der Bezirks=
pflegeanstalt von Bischweiler und andere. Der Verstorbene
war zwanzig Jahre lang Bürgermeister von hier, früher
Mitglied des Kreistags, langjähriger Vertrauensmann
der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft von Unter=
Elsaß, zuletzt noch im Vorstand dieser Genossenschaft
sowie im Vorstand des landwirtschaftlichen Kreisver=
eins Hagenau und Vorsitzender des Kantonalver=
eins Hagenau.
13.06.06 Heute fand unter dem Vorsitze des Herrn Kreisschul=
inspektors WIMMER in der israelitischen Volksschule
morgens 8 Uhr eine amtliche Konferenz für die
Lehrer des ganzen Kreises statt. Hauptgegenstand der
Konferenz war ein Vortrag über das Thema "Wie kann
in der Volksschule der körperlichen Züchtigung entraten
werden ?" Herr Kollege ARBOGAST - Mietesheim,
hatte den Vortrag übernommen. Dem Referat lagen
etwa siebzig Arbeiten von Lehrern des Kreises zu Grunde.
Herr ARBOGAST teilte seine Arbeit in zwei Abschnitte.
Im ersten Abschnitt verbreitete er sich über das Gefähr=
liche der körperlichen Züchtigung. Hierbei wurden zunächst
die Nachteile derselben für den Lehrer erwähnt und zwar
für sein Vermögen, seine Gesundheit, sein Gemüt,
sein Verhältnis zu den Kindern. Daran anknüpfend,
zeigte er, welche Nachteile für die Kinder entstehen
können, zunächst für ihre Gesundheit, dann für
deren Erziehung und für den Unterricht. Der zweite Ab=
schnitt befaßte sich mit den Mitteln, welche zur Verhinderung
der körperlichen Züchtigung beitragen können. Diese
Mittel wären : die Persönlichkeit des Lehrers, sein Ver=
hältnis zu den Eltern des Kindes, die Inanspruchnahme
der elterlichen Gewalt, die Kenntnis der kindlichen
Eigenart, die Fortbildung im Amte, die Vorbereitung
auf den Unterricht. Der Unterricht selbst bietete solche
Mittel, z. b. die richtige Stoffauswahl. Auch gibt es
disziplinarmittel wie Nachsitzen, ferner schriftliche Strafarbeiten.
Da die Zeit soweit vorgerückt war, mußte der Schlußteil gekürzt wer=
den. In Demselben wurden diejenigen Fälle berührt, wo eine körper=
liche Züchtigung nicht zu umgehen sei, wie z. b. Lüge, Trotz, Roheit.
Der Herr Vorsitzende knüpfte hieran verschiedene Bemerkungen
und suchte zum Schlusse, der Versammlung das Entehrende der
Prügelstrafe für den Lehrerstand recht drastisch vorzuführen,
um so die Lehrer desto nachhaltiger davor abzuschrecken.
Das Frühjahr 1906.
Die ersten Tage des Frühlings erinnerten uns daran,
daß der Winter seine Herrschaft noch nicht aufgeben wolle.
Der 23.3.06 brachte gegen 5 Uhr abends starken Schnee=
fall, der nach und nach in ein Schneegestöber ausartete.
Die Tagesblätter wußten am folgenden Tage von allerlei
Unglücksfällen zu berichten, die der Schneesturm ver=
ursacht hatte. Der Schnee hielt bis zum 27.3.06 an. In=
folge der anhaltend naßkalten Witterung im Monate
März konnte auf dem Felde wenig geschehen. Sie war
jedoch insofern von Nutzen, als sie den Mäusen so
ziemlich den Garaus machte, die infolge der anhalten=
den Dürre des vorjährigen Sommers stark überhand
genommen hatten. Erst Ende des Monats konnte man
mit der Frühjahrssaat beginnen.
Der April brachte bessere Tage. In der zweiten Hälfte des
Monats standen die Obstbäume in voller Blütenpracht.
Leider aber war das Wetter in der folgenden Zeit aber=
mals naß und kalt und schadete der Obstbaumblüte.
Auch der Mai brachte manche "Maielache". Von Mai=
käfern merkte man nicht viel ; es hing das wohl mit
der Ungunst der Witterung zusammen, gegen die dieses
Insekt sehr empfindlich ist.
Der beständige Wechsel zwischen Regen und war=
men Sonnenschein im Mai und Juni war unseren
Feldern und Wiesen sehr bekömmlich ; denn der Stand
derselben war zur Zeit der Frühjahrswende ein ausge=
zeichneter. Sehr oft gingen dem Regen mehr oder
weiniger heftige Gewitter voraus. So hatten wir
am 19. Juni nachmittags gegen 2 Uhr einen star=
ken Gewittersturm von wolkenbruchartigem Regen
begleitet. Es vielen auch einzelne Hagelkörner.
Gleich nach der Vesper hielt mancher Bauer Umschau
im Felde. Dasselbe hatte zum Glück keinen großen
Schaden gelitten.
Die Heuernte, die in sonstigen Jahren schon im Frühjahr
stattfand, mußte infolge der ungünstigen Witte=
rung hinaus geschoben werden, obwohl das Futter schon
längst schnittreif war.
22.6. - 29.6.06 In der Zeit vom 22. bis 29. juni 1906 fiel der
Heuernte wegen der Unterricht an 6 Nachmittagen
aus.
22.7.06 Gemeinderatsersatzwahl.
Infolge Ablebens von 4 Mitgliedern unsers Ge=
meinderats, darunter Bürgermeister KEHREN, inner=
halb 1 Jahres, wurde von der Kaiserlichen Kreisdirek=
tion Hagenau für den 22. Juli Gemeinderats=
ersatzwahlen angeordnet. Die Beteiligung an der
Wahl war eine ziemlich rege. Von den 57 einge=
schriebenen Wählern hatten 53 ihre Stimme abge=
geben.Davon waren 3 ungültig. An Kanditaten
mangelte es nicht. Denn es erhielten :
1. KEHREN Andreas 21 Stimmen.
2. FLECK Theodor 38 Stimmen.
3. TROESCH Andreas 11 "
4. KEHREN Anton 10 "
5. DAPP Joseph 17 "
6. LUTZ Joseph 15 "
7. BOSS Joseph 9 "
8. WENDLING Joseph 28 "
9. WENDLING Hieronymus 5 "
10. KIEFFER Georg 6 "
11. PAULUS Joseph 1 Stimme.
12. DOSSMANN Anton 6 Stimmen.
13. INGWILLER Anton 3 "
14. LUTZ Xaver 10 "
15. DOSSMANN Joseph 3 "
16. LAUTH Joseph 1 Stimme.
17. KEHREN Johann 2 Stimmen.
18. HERRBURGER Anton 2 "
19. HANNS Joseph 1 Stimme.
20. VOGEL Michael 2 Stimmen.
21. MATHERN Emil 1 Stimme.
22. HUCK Michael 2 Stimmen.
23. KRAUTH Theodor 1 Stimme.
Da die absolute Mehrheit der abgegebenen
gültigen Stimmen 26 betrug, waren FLECK Theodor
und WENDLING Joseph gewählt.
29.7.06 Es fehlten somit noch 2 Mitglieder. Darum ordnete
die Kaiserliche Kreisdirektion Hagenau für den 29.
Juli eine Nachwahl an. Bei diesem 2. Wahlgang
wurden 55 Stimmen abgegeben. Davon war 1 Stimme
ungültig. Es erhielten :
1. LUTZ Joseph 34 Stimmen.
2. TROESCH Andreas 28 "
3. KEHREN Andreas 20 "
4. DAPP Joseph 17 Stimmen.
5. MATHERN Emil 1 Stimme.
6. DOSSMANN Anton 1 "
7. DOSSMANN Joseph 1 "
Gewählt waren demnach LUTZ Joseph und
TROESCH Andreas.
1.8.06 Kreiskonferenz.
Heute um 8 Uhr morgens wurde zu Hagenau in
der israelitischen Schule eine amtliche Konferenz für
sämtliche Lehrer des Kreises abgehalten. Derselben wohn=
ten auch die Herren Oberregierungsrat PÖHLMANN,
Regierungs und Schulrat Dr STEHLE sowie Herr
Kreisdirektor DITTMAR bei. Den Hauptgegenstand
der Konferenz bildete die Besprechung des Kinder=
schutzgesetzes. Herr Kreisschulinspektor WIMMER wies
in der Einleitung zu dieser Besprechung darauf hin,
daß die Entwicklung und Betätigung der Körperkräfte
des Kindes zu den bedeutendsten Erziehungsmitteln
gehöre ; denn eine vernünftige Beschäftigung des Kör=
pers sei gerade so notwendig, als die Übung der
Geisteskräfte. Nun aber werden in unserer genuß=
süchtigen und industriereichen Zeit die Körperkräfte
des Kindes von gewissenlosen Eltern und Arbeitgebern
oft vorzeitig ausgebeutet. Und gerade gegen diese
Übel wendet sich das Gesetz über die Kinderarbeit
in gewerblichen Betrieben. Gerade der Lehrer ist es, der
an einer sinngemäßen durchführung dieses Gesetzes
das größte Interesse habe. Die Besprechung des Kinder=
schutzgesetzes erstreckte sich auf folgende Punkte :
1.) Welche Kinderarbeit ist gesetzlich gerecht ?
(Gewerbeordnung § 42 b5, §135,154 ).
2 a) Welche Kinder fallen unter das Gesetz ? b) Wie unterscheidet das Gesetz
die Kinder ? (K. = Sch. = G. §2, 3.)
3.) Welche Beschäftigungen sind für alle Kinder verboten ? (K.=Sch.=G.§ 4).
4.) Welche Beschätigungsarten sind für fremde Kinder zwar erlaubt, aber
zeitlich beschränkt, a) hinsichtlich des Alters, b)der Tageszeit ?
(K.=Sch.=G.§ 5, 9)
5.) Die Beschätigung der eigenen Kinder. (K.=Sch.=G.§ 4, 6, 7, 9. Aus=
führungsbestimmungen, Absche.B.)
6.) Die Sonntagsruhe im Kinderschutzgesetz : § 9, 13.)
7.) Anzeigepflicht und Arbeitskarte (K.=Sch.=G.§ 10, 11.A.B. Absche.
D, E)
8.) Besondere polizeiliche Befugnisse. (K.=Sch.=G.§ 20. A. B. Absche..)
9.) Wem steht die Aufsicht zu ? (K.=Sch.=G.§ 21. G.O.§ 239b A. B.
Absche. H.)
10.) Was können die Lehrer zu einer wirksamen durchführung des
Gesetzes beitragen ? ( G.O. - Reichs= G. Bl. 1900, S. 871 - K.=Sch.=G.).
11.) Zusammenstellung der segensreichen Folgen des Gesetzes.
An der Besprechung des Gesetzes beteiligten sich auch
Herr Oberregierungsrat PÖHLMANN sowie Herr Kreisdi=
rektor DITTMAR sehr lebhaft. Ersterer gab noch verschie=
dene Winke, welche die Lehrer bei ihrer Mitwirkung zur
durchführung des Gesetzes befolgen mögen.
Es folgten nun amtliche Mitteilungen, und der 1. Teil
der Konferenz war zu Ende. Den 2. Teil bildete die
Generalprobe der Gesamt= und Einzelchöre für das am
5. August in Niederbronn abzuhaltende Lehrerkonzert
zum Besten des Lehrerwaisenstiftes.
3.8. - 9.8.06 Auf Veranlassung des Ortsschulvorstandes wurden die Ern=
teferien für die Zeit vom Freitag, 3.8. bis Donnerstag, den
9.8. einschließlich festgesetzt.
12.8.06 Primizfeier von abbé Dr Eduard LUTZ.
Sonntag, den 12. August 1906 fand in hiesiger Pfarr=
gemeinde die Primizfeier von abbé Dr Eduard
LUTZ von hier statt. Derselbe besuchte bis Herbste
1904 das Straßburger Priesterseminar und setzte
dann seine Studien im Seminar zu Dillingen,
Bayern, fort, wo er im Juli d. Js. zum Priester ge=
weiht wurde.
Im Hofe des Elternhauses war ein reich gezierter Altar
errichtet. Hier wurde der junge Priester in feierlicher
Prozession abgeholt. Der Ortspfarrer, Herr FRITSCH,
richtete eine Ansprache an den Primizianten. Nach
Absingen des Psalmes "Laetatus sum" bewegte sich
die Prozession zur Kirche. Der Weg dahin war mit
Blumen, Kränzen und Bäumen geziert. Den Ein=
gang zur Kirche schmückte ein Triumpfbogen. Hoch
vom Kirchturm wehten Kirchenfähnlein.
Religionslehrer, Herr Dr DIDIO, hielt die Festpre=
digt. Der hiesige Kirchenchor trug eine 3 Stimmige
Messe von GOUNOD vor.
Die ganze Gemeinde nahm regen Anteil an dem Freu=
denfeste. Auch von den Nachbarsorten waren viele Leute
zugegen.
25. u.26.8.06 Einquartierung.
Am 25. u. 26. August war in Wahlenheim die 4. Batterie
des 1. unterels. Feld= Artillerie=Regiment Nr 31 in der
Stärke von 90 Mann und 4 Offizieren einquartiert.
28.8. - 1.9.06 In der Zeit vom 28 August bis 1. September fiel der
Grummeternte wegen der Unterricht an 4 Nachmitta=
gen aus.
Ende des Auszugs.